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Aktuelle Diskussion um Getränkeverpackungsökobilanzen

ifeu Handreichung zur aktuellen Diskussion um die FKN Ökobilanz 2018

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) setzt sich in ihrer Pressemitteilung vom 17. Oktober 2019 kritisch mit der FKN Ökobilanz 2018 auseinander. In der Diskussion stehen neben der Ableitung der Entsorgungswege der Getränkekartons auch Fragen zu methodischen Rechenkonventionen in Ökobilanzen insbesondere der Umgang mit den Distributionsdaten sowie methodische Fragestellungen zur Bilanzierung des erneuerbaren Kohlenstoffs. Die Pressemitteilung schließt mit der Aufforderung an das ifeu „bei Gutachten im Auftrag der Einweg-Industrie – eine realistische Bewertung von Getränke-Plastikkartons und Mehrwegflaschen vorzunehmen“.

Wir greifen die Aufforderung zur Diskussion gerne auf und beziehen wie folgt Stellung zu den in der Pressemitteilung genannten Punkten:

Allgemeine Information zur Studie

Die Studie mit dem Titel „FKN Ökobilanz 2018“ wurde vom Fachverband Kartonverpackung für flüssige Nahrungsmittel e.V. beauftragt und vom ifeu-Heidelberg durchgeführt. Die Studie erhebt den Anspruch den für vergleichende Ökobilanzen geltenden ISO Standard gem. ISO 14040 ff zu genügen und als erste Ökobilanz überhaupt den im Jahr 2016 vom deutschen Umweltbundesamt (UBA) publizierten Mindestanforderungen an Getränkeverpackungsökobilanzen in Deutschland zu erfüllen. Die in der Studie dargestellten Ergebnisse sind die Resultate der erhobenen und mit dem UBA abgestimmten Eingangsparameter und der zu Grunde liegenden, mit dem UBA abgestimmten Rechenmethodik. Zudem wurde die Studie von drei anerkannten unabhängigen Experten kritisch begutachtet.

Informationen zum Thema Recyclingquote

Die von der DUH ins Feld geführten Quoten und die in unserer Studie angesetzten Quoten unterscheiden sich deshalb, weil sie völlig andere Schnittstellen beschreiben. Unsere Quote von 64,7% beschreibt die Menge der Getränkekartons, die aus der LVP Sammlung den Verwertungsanlagen zugeführt werden (Input bezogene Quote). Im Rahmen der Getränkekartonverwertung werden Sekundärfasern gewonnen und zu Recyclingpapieren verarbeitet, die PE-ALU Anteile werden thermisch verwertet. Die Quote der DUH beschreibt lediglich den Anteil an Fasern, die bezogen auf den Gesamtinput der Getränkekartons aus dem Recycling gewonnen werden (Outputbezogene Quote). Die Inputquote lässt sich auf Grundlage allg. verfügbarer Zahlen öffentlicher Stellen und Statistiken errechnen und entspricht in der Herleitung dem Vorgehen, das zur Ermittlung der offiziellen, gutachterlich geprüften Verwertungsquoten Anwendung findet, wobei in der Ökobilanz zusätzlich noch die Störstoffanteile in der Sortierfraktion und die möglicherweise anhaftenden Füllgutreste in Abzug gebracht werden. Für eine outputbezogene Quote bedarf es dezidierter Prozessdaten der Anlagenbetreiber. Diese liegen uns für das Bilanzierungsmodell vor, dürfen aber aus Gründen der Vertraulichkeit von uns nicht publiziert werden. Im Ökobilanz-Rechenmodell wurden diese Prozessdaten selbstverständlich implementiert. Im Endeffekt sind in unserem Modell ähnliche Outputmengen dargestellt wie die von der DUH kommentierten, auch wenn wir geringfügig niedrigere Verlustraten in der industriellen Papieraufbereitung ansetzen.

Informationen zum Thema Distribution

Es wurden keine Distributionsdaten für MW verdoppelt. Im Fachgutachten waren die Distributionsentfernungen missverständlich dargestellt, daher kam es zu einer fehlerhaften Übernahme der Daten in die Ökobilanz. Es wurden dabei aber lediglich die Leer- und Retourfahrten für alle untersuchten Getränkeverpackungen zu hoch angesetzt. Der Fehler  wurde mittlerweile korrigiert, die Ergebnisse ändern sich in der Gesamtschau nicht. Das Update liegt derzeit dem UBA vor, vor einer erneuten Publikation wollten die Auftraggeber und wir die Rückmeldung des UBA abwarten.

Informationen zum Thema Bilanzierung biogene Roh- und Werkstoffe, hier Vergabe von CO2 Gutschriften

Es ist in Ökobilanzen Usus, dass biogene Roh- und Werkstoffe den während der Wachstumsphase der genutzten Pflanzen inkorporierten Kohlenstoff für sich reklamieren. In  verschiedenen Sensitivitäten innerhalb der Studie haben wir nachgewiesen, dass die für das Basisszenario getroffenen Annahmen keinen relevanten Einfluss auf die Ergebnisfindung haben.

Ergänzende Anmerkung: damit wird die CO2-Aufnahme den Systemen angerechnet, die die Entnahmeleistung des CO2 aus der Atmosphäre erbringen und nicht etwa einem in der Postnutzungsphase auftretenden Verbrennungsprozess. Beispielsweise reklamieren Zementwerke Abfallstoffe, die aus biogenen Materialien bestehen, für sich gerne als klimaneutrale Brennstoffe. Das halten wir in einer Gesamtsystembetrachtung für nicht sachgerecht.

Generell ist anzumerken, dass grundsätzlich alle Annahmen der Studie konservativ im Sinne des Vergleichs sind. Das heißt, dass wir bei allen Parametern geschaut haben, dass wir für das Mehrweg-Referenzsystem tendenziell eher günstige Werte nutzen.

Ergänzend möchten wir noch zum Thema „Auftragsstudie“ Stellung beziehen:

Informationen zum Thema Auftraggeber und beteiligte Kreise

UBA und BMU machen seit dem Jahr 2002 keine eigenen Ökobilanzen mehr, sondern haben die Wirtschaftsbeteiligten wiederholt und unmissverständlich aufgefordert weitere Optimierungen in eigenen Studien zu belegen. Diese Aufforderung wurde nochmals dadurch bekräftigt, dass UBA und BMU Mindestanforderungen haben erarbeiten lassen, die sozusagen das „Kochrezept“ für Ökobilanzen darstellen, deren Ergebnisse von UBA und BMU aufgenommen und verarbeitet werden sollen. Nun sind Ökobilanzen für komplexe Systeme nichts, was die Wirtschaftsbeteiligten mit Bordmitteln erstellen können. Insofern ist es seit vielen Jahren gelebte Praxis, sich an unabhängige wissenschaftliche Institute mit der entsprechenden nachweisbaren Expertise zu wenden (übrigens wurden auch die Bilanzierungen in den UBA eigenen Studien an Externe wie bspw. das ifeu vergeben). Aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Studienerstellung wurde das UBA in den kompletten Prozess der Studienerstellung und der Erstellung der Fachgutachten frühzeitig eingebunden.

Die Handreichung können Sie hier als PDF downloaden.

Bei weitergehenden Fragen zu diesem Themenkomplex sprechen Sie uns bitte an.