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Ökobilanzen können bei Flächenverbrauch jetzt auch den Qualitätsverlust berücksichtigen

„Die Landnutzung war schon immer ein schwieriges Thema für Ökobilanzen“, erklärt Horst Fehrenbach, Leiter der Studie „Flächenrucksack“. Ökobilanzen dienen dazu, sämtliche Umweltauswirkungen von Produkten oder Dienstleistungen zu erfassen – und zwar von der Gewinnung der Rohstoffe über die Nutzungsphase bis zur Entsorgung.

Dabei spielen Energieverbräuche, Klimagase, Abwasser und Luftschadstoffe eine große Rolle. Für die Umwelt ist es aber auch wichtig, wie viel Fläche für ein Produkt „verbraucht“ wird.

„Wenn eine Ökobilanz einen Tisch aus Holz untersucht, kann man leicht bestimmen, wie viel Waldfläche dafür benötigt wird“, erklärt Fehrenbach. „Für Ökobilanziererinnen und Ökobilanzierer weltweit bestand die Schwierigkeit lange darin, die Qualität dieses Waldes einheitlich zu bestimmen. Schließlich ist es ein Riesen-Unterschied, ob das Holz aus einer eintönigen Fichtenmonokultur oder einem artenreichen Buchenmischwald entnommen wird.“ Andere Vergleichsflächen: Weizenfelder, Straßen, aber auch Flüsse oder Seen. Bei diesem Thema kämpfe die Ökobilanzierung schon seit den 1990er Jahren mit uneinheitlichen Methoden und erheblichen Datenlücken, sagt Fehrenbach.

Einheitliche Basis für Ökobilanzen weltweit

Diese Lücken schließt jetzt die Studie „Flächenrucksack“. Der Titel ist dem Sprachgebrauch der Ökobilanzierung entnommen, wonach bei Untersuchungen thematisch in Wasser-Rucksack, CO2-Rucksack oder Emissions-Rucksack unterschieden wird. Die einzelnen „Rucksäcke“ eines Produktes weisen die Umweltbelastung in diesem Segment aus.

Das ifeu hat nun zusammen mit Prof. Dr. Birgit Grahl von der Technischen Hochschule Lübeck das Konzept der „Hemerobie“ weiterentwickelt. Es bezeichnet die Intensität, mit der der Mensch bei einer Fläche eingreift. Der Ansatz der Hemerobie steht in Konkurrenz zu Ansätzen, die etwa die Veränderung der Artenvielfalt auf einer Fläche zum Maßstab machen. „Mit dieser Weiterentwicklung stehen uns nun sehr viele Daten für unterschiedliche Arten der Landnutzung zur Verfügung, die in die internationalen Datenbanken einfließen können“, beschreibt Fehrenbach den Fortschritt, der durch die UBA-Studie erzielt wird.

So werden zum Beispiel für die große Breite an landwirtschaftlichen Produkten wie Weizen, Raps oder Mais sowie Energieträger wie Freiland-PV, Windenergie aber auch fossile Energieträger Datensätze zur spezifischen Flächenbelegung, Flächennutzungsänderung und der jeweiligen Hemerobie vorgelegt.

Erweiterte Datengrundlage bei Bestimmung der Umweltauswirkung

Die Studie richtet sich dabei vor allem an alle Ökobilanziererinnen und Ökobilanzierer weltweit, die die neuen Daten nun in ihren Untersuchungen einsetzen können. Dies kommt aber auch der Politik, Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern zu Gute, denen die Ökobilanz letztlich als Informationsgrundlage dient.

Um die neu gewonnen Daten und das Konzept der Hemerobie auch in praktischen Fallstudien zu untersuchen, haben sich die Forscherinnen und Forscher vier Fallstudien vorgenommen:

  • Die Ökobilanzen verschiedener Formen der Energieerzeugung in Deutschland
  • Die Umweltauswirkungen einer 100 Kilometer weiten Reise in Autos mit verschiedenen Antrieben
  • Ein Vergleich von synthetischen Treibstoffen aus Erneuerbaren Energien im Vergleich mit Grünem Wasserstoff
  • Die Herstellung von Baustoffen

„Die Fallstudien zeigen, dass die Methode und Datensätze der Hemerobie sich für Ökobilanzen bewähren. Die Fläche kann künftig auch unter Berücksichtigung der Qualität – also etwa ihrer Natürlichkeit oder Biodiversität - standardmäßig in Ökobilanzen berücksichtigt werden“, so Horst Fehrenbach.

Die Kurzfassung der Studie „The Land Rucksack“ des ifeu für das Umweltbundesamt finden Sie zum Download auf ifeu.de.

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